Wendepunkt beim Rodelbau dabei

In der Werkhalle der Stiftung Wendepunkt in Oftringen findet Yves Aeschbachers Tourenrodel «Bergfink»1 zu seiner Bestimmung. Hier werden die von Expertenfirmen vorfabrizierten Einzelteile weiterbearbeitet, montiert und die fertigen Produkte an die Kunden vertrieben. Warum ausgerechnet in der Stiftung Wendepunkt?

Begonnen hat es vor vier Jahren. Aeschbacher – bereits mit zwei Studienkollegen an einem Schlittenprojekt – absolvierte im ansässigen Bereich Produktion Handwerk seinen Zivildienst, entdeckte dort die handwerklichen Möglichkeiten, lernte Leute und ihren Auftrag schätzen.

Obwohl das Schlittenprojekt aus der Studienzeit scheiterte, blieb der Wunsch nach einem Update dieses Sportgeräts ungebrochen. Ein Jahr später nimmt der Industriedesigner – überzeugt, dass aus den vielen Recherchen und den eigenen Erfahrungen genügend Know-how für die Produktentwicklung vorhanden ist – einen zweiten Anlauf. Was ihm dabei etwas den Kopf zerbricht: Wo können die Feinarbeit und die Endmontage gemacht werden? Aeschbacher zögert nicht lange. Er nimmt Kontakt mit der Stiftung Wendepunkt auf und stellt seine Idee vor. Diese kommt bei Standort- und Bereichsleiter gut an.

  1. Einblick in die Werkhalle der Stiftung Wendepunkt am Standort Oftringen, in welcher der Bergfink zusammengebaut wird.
  2. Die gepressten und gefrästen Holzteile stehen bereit für die Weiterbearbeitung. Geliefert werden sie von der Hess AG aus Döttingen AG, dem weltweit führenden Hersteller für Holzkerne im Ski- und Snowboardgeschäft.
  3. Das leichte und stabile Holzgerüst des Tourenrodels mit dem Logo der Stiftung Wendepunkt ist zusammengebaut.
  4. Löcher bohren, bevor die Einzelteile verschraubt werden. Genauigkeit und Ausdauer sind gefragt.
  5. Chiara passt den bequemen und gepolsterten Polyester-Sitz ein, bevor sie ihn montiert.
  6. Im Team geht’s noch besser: Nick (links) und Yves Aeschbacher (rechts), Industrie-Designer und Erfinder des Rodels, beim Montieren des Sitzes.

«Mit dem Bergfink kommt man voll in Fahrt. Das hat uns überrascht. Doch beim fünften Hinuntersausen klappte auch das Lenken via Gewichtsverlagerung. Es war Genuss pur.»

Annina Lerch

Die Geburt des «Bergfinks»

Kurz darauf beginnt die Konzeptionsphase. Für Yves Aeschbacher ist klar: Er will ein qualitativ hochstehendes Gerät bauen, das Schlittelspass für den breiten Tourismus garantiert. Zum Ziehen möglichst leicht. Bequem zum Sitzen. Einfach handzuhaben und stapelbar – damit Bergbahnen und Hotels Interesse an einer Vermietung haben. Aeschbacher investiert fortan Stunden, Wochen, freie Wochenenden, Ferien in die Entwicklung. Im Sommer 2018 baut er im Alleingang in den Räumlichkeiten der Stiftung Wendepunkt 20 Prototypen namens Bergfink, was im Solothurnischen – dem Heimatkanton des Rodeldesigners – umgangssprachlich «einer, der viel in den Bergen ist» bedeutet. Mit seinem Rodelneuling tourt der Unternehmer in den Skiregionen herum, stellt sein Produkt bei Bergbahnen, Hotels und in Fachgeschäften vor. Der Bergfink kommt gut an. Bestellungen treffen ein, sodass die erste serielle Produktion des Swiss-made-Produkts ab August 2019 über die Werkbank geht: 380 Flitzer werden bis Oktober im Arbeitsbereich Produktion Handwerk des Standorts Oftringen der Stiftung Wendepunkt fertig zusammenmontiert. Bis heute sind noch 40 Bergfinke an Lager, welche via Onlineshop erworben werden können.

Zurück in die Werkhalle

Zwei, die seit Beginn der Rodel-Produktion mitarbeiten, sind Chiara (in Ausbildung zur Schreinerpraktikerin EBA2) und Nick (in Ausbildung zum Praktiker PrA Schreiner3). Beide finden die Arbeit mega cool, abwechslungs- und lehrreich. Nick hat das Gefährt kürzlich sogar selber ausprobiert. Ein rundum prima Erlebnis wie er schildert.

«Mitzuarbeiten und zu wissen, dass jemand den Tourenrodel im Skigebiet mietet und damit Spass hat, macht das Produkt noch besser.»

Chiara

Sowohl Yves Aeschbacher als auch die Produktion Handwerk-Crew sind begeistert vom Bergfink und der Zusammenarbeit. Denn gegenseitiges Unterstützen und stetes Optimieren bei Abläufen und einzelnen Arbeitsschritten sind wichtig, damit jeder Rodel ein qualitativ hochstehendes Unikat ist. Und so sehen die beiden Unternehmen positiv der kommenden Saison 2020/21 entgegen und können es kaum erwarten, bis die ersten Bestellungen eintreffen.

«Am Anfang musste ich mich ein wenig an das Handling des Rodels gewöhnen. Aber nach der zweiten Kurve hatte ich ihn perfekt unter Kontrolle. Die flachen Passagen waren die besten: Andere Schlittenfahrer mussten laufen – ich überholte alle und winkte ihnen zu.»

Nick

Apropos: Ein neuer Schlitten gefällig? Also nix wie los und den Bergfink bestellen – als wertvolle Anschaffung oder perfektes Geschenk, da nachhaltig und mit sozialem Impact fabriziert!

Erschienene Berichte
Die Idee kam ihm im Zivildienst: Wie ein Aargauer den «Davoser» neu erfunden hat | ArgoviaToday
Wie ein Schlitten entsteht, der alles anders macht – Galaxus
Schlitten-Test – «Blackhawk» als neuer Star? Der Ferrari unter den Schlitten im grossen Schnee-Test (aargauerzeitung.ch)

Mehr zum Angebot
Produktion Handwerk | Stiftung Wendepunkt

1 «Bergfink1»: Gewicht 6,8 kg; Länge 115 cm; Anzahl Personen 1 Erwachsene/r. Weitere Details zum Produkt unter designwerk-aeschbacher.ch

2 Schreinerpraktikerin EBA ist eine zweijährige berufliche Grundbildung mit Eidg. Berufsattest «Schreinerpraktiker/in EBA».

3 Praktiker PrA Schreinerei ist eine zweijährige, IV-unterstützte praktische Ausbildung nach INSOS.


Regine Frey-Eichenberger
Autorin