Vier Jahre WUMA – ein Rückblick

Gegen 100 Jugendliche haben die Co-Leitenden Eva Gomes und Jonathan Josi mit dem neunköpfigen Team während ihrer WUMA-Zeit – befristet auf vier Jahre – betreut und begleitet. Lehrreich und spannend war es. So ihr Resümee.

Lehrreich, weil sich ihr Interesse an fremden Kulturen noch vertiefte, sie an den Leitungsaufgaben wuchsen und in den Jugendlichen durch ihre Geschichten und das gemeinsam Erlebte mehr als einfach Flüchtlinge sahen. Spannend, weil jeder Tag wieder anders war. Mit viel Unerwartetem und Herausforderndem. Dankbar schauen sie zurück: auf die gute Stimmung und erfolgreiche Zusammenarbeit im Team – bis zum letzten Tag – und dass trotz äusserst schwierigen Situationen Mensch und Haus nie Schaden genommen haben.

«Ich habe eine Jugendliche während Schwangerschaft und Geburt begleitet. Ein schöner und unvergesslicher Moment mitzuerleben, wie das erste und bis jetzt einzige WUMA-Baby das Licht der Welt erblickte. Später war das Kleine oft in unserem Büro, wenn die Mutter anderes zu tun hatte. Der Kontakt ist geblieben, auch wenn die beiden nicht mehr im WUMA wohnen.» – Eva Gomes, Co-Leiterin WUMA

Zurück an den Kanton

Nach Ablauf der dreijährigen Vertragszeit hat der Kanton beschlossen, den Vertrag nur um ein Jahr zu verlängern und anschliessend das WUMA1 in eigener Regie weiterzuführen. Stark gesunkene Asylsuchendenzahlen erforderten diese Neuorganisation, damit die Platzierung der Jugendlichen und der Einsatz der Mitarbeitenden flexibler gestaltet werden kann.

Mit der Leistung der Stiftung Wendepunkt ist der Kanton in den vier Jahren vollumfänglich zufrieden gewesen. Gomes und Josi haben während dieses Entscheidungsprozesses immer wieder gehofft, dass es anders käme. Sie arbeiteten gerne mit den Jugendlichen, wollten noch vieles anpacken und weiterentwickeln. Zwar hätten sie unter neuer Leitung weiter im WUMA arbeiten können, wofür sich sechs ihrer Teamkolleginnen und -kollegen entschieden haben. Für die beiden Co-Leitenden und fünf Mitarbeitende hat aber nach dem 30. April ein neues berufliches Kapitel begonnen.

«Das Sommerfest 2018 werde ich wohl nie vergessen. Die Stimmung war einmalig. Ich habe viele Fotos gemacht. Beim späteren Durchsehen fiel mir die Ausgelassenheit der Jugendlichen auf: Wieder einmal unbeschwert Kind sein können! Alles Schwere und Mitgeschleppte für einige Stunden vergessen. Solche Momente müssten noch mehr möglich sein.» – Jonathan Josi, Co-Leiter WUMA

Runde Übergabe

Die transparente Information und grosse Wertschätzung von Seiten des Kantons, die gute Zusammenarbeit mit der neuen Leitung während der Übergabe sowie das Wissen, dass Konzept und Arbeitsstil übernommen werden, haben Loslassen und Abschiednehmen erleichtert. Am 9. April dann das grosse Abschiedsfest mit den Jugendlichen – ein schöner und berührender Moment mit vielen Fotos zur Erinnerung. Schlusspunkt 30. April: Bevor das Gesamtteam seine WUMA-Zeit bei Bowling und gemeinsamem Essen beendete, organisierte der Kanton einen Apéro für alle WUMA-Mitarbeitenden und involvierte Leitungspersonen der Stiftung Wendepunkt.

«Das WUMA nach über vier Jahren wieder loszulassen stimmt wehmütig. Doch die gute Übergabe an die neue Leitung und ihr Engagement, wie sie diese Aufgabe anpackt und das Aufgebaute erhält und weiterführt, freut mich sehr und erleichtert den Abschied. So möchte ich beim Zurückblicken auf die gemeinsame WUMA-Etappe allen Mitarbeitenden, dem Kanton und der Stiftung Wendepunkt für das mutige Ja zu diesem Projekt meinen Dank aussprechen. Obwohl manchmal abenteuerlich und oft herausfordernd – die WUMA-Zeit bleibt besonders und unvergesslich.» – Jonathan Schoch, Leiter Wohnen

1 WUMA = Wohnheim für unbegleitete minderjährige Asylsuchende.
Auf Anfrage des Kantonalen Sozialdienstes Aargau beteiligte sich die Stiftung Wendepunkt vor gut viereinhalb Jahren an einer Offerten-Eingabe im Einladungsverfahren zum Thema «Unterbringung von unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden». Das eingereichte Konzept erhielt den Zuschlag. Seit 1. Mai 2015 betreute die Stiftung Wendepunkt im Auftrag des Kantonalen Sozialdienstes 39 unbegleitete minderjährige Asylsuchende beider Geschlechter im Alter von 14 bis 18 Jahren im Wohnheim an der Weihermattstrasse 60 in Aarau.


Regine Frey-Eichenberger
Autorin