Neue Chancen für Jungpensionierte

Die Drehpunkt Personal wirbt mit einem neuen Angebot «60 Plus» – der Suche nach Junggebliebenen, die Teil einer wachsenden Community von Jungpensionierten werden und ihre Lebenserfahrung und Wissen weiter in der Wirtschaft einbringen. Im Gespräch mit Roger Sigg, Geschäftsführer der Drehpunkt Personal GmbH, wollten wir mehr darüber erfahren.

Roger Sigg, alle sprechen von Fachkräftemangel. War dies der Grund, euer Angebot mit Junggebliebenen zu erweitern?
Der Fachkräftemangel bzw. der Arbeitskräftemangel war für unsere Idee tatsächlich ein wichtiger Treiber. Noch wichtiger war und ist die demographische Entwicklung. Seit 2019 ist der Anteil der in Rente gehenden Personen grösser als derjenige der Zwanzigjährigen. Das heisst, wir bewegen uns mit unserem Angebot in einem wachsenden Markt. Zudem gehört es zu unseren Werten und zu unserer Identität als Drehpunkt, Menschen mit Arbeit und im beruflichen Kontext neue Horizonte zu ermöglichen.

Immer mehr Rentnerinnen und Rentner sind berufstätig. Was sind die Hauptgründe, weiterzuarbeiten?
Die Motivation weiterzuarbeiten ist sehr unterschiedlich. Die einen tun es, weil ihre Partnerin, ihr Partner jünger ist und noch länger arbeiten muss, andere weil sie einfach gerne arbeiten und noch etwas anderes machen möchten, wiederum andere aus finanziellen Überlegungen oder als Überbrückung bis die Wohnmobilsaison für sie wieder beginnt.

Sprechen wir mehr von Aushilfe- und Gelegenheitsjobs, oder regelmässigen Festanstellungen? Welche Pensen und Berufe sind am gefragtesten?
Sowohl Teilzeitjobs als auch Festanstellungen sind möglich – je nach Beweggründen. In unseren Interviews mit Jungpensionierten zeigte sich ein mögliches Arbeitspensum zwischen 20 % – 40 %, wobei einige wenige auch 60 % weiterarbeiten möchten. Dies ist aber eher die Ausnahme. Die Branche spielt bei den meisten keine zentrale Rolle, sondern eher die Sinnhaftigkeit der Arbeit.

«Früher musste man, jetzt kann man.»

Flexible, zuverlässige und motivierte Personalreserve mit langjähriger Erfahrung, guten Qualifikationen und Fachwissen – das hört sich gut an. Ist das auch die Realität?
Immer wieder höre ich, wie das Rentenalter stigmatisiert wird. Einige meinen, wer heute in Rente geht, tauscht den Bürostuhl gleich mit dem Rollator ein oder Jungpensionierte können mit der Digitalisierung nicht mehr mithalten. Dabei ist es doch gerade die Generation der Babyboomer (Jahrgänge 1946 – 1964), welche die digitale Revolution erst ermöglicht hat. Sie sind zwar keine «Digital Natives», aber ganz und gar nicht digitale Analphabeten. Meine Mutter mit Jahrgang 1942 hat ein Handy, postet regelmässig Fotos im Status, surft auf ihrem Tablet, hat mehr Post im Posteingang statt im Briefkasten und liest die Nachrichten auf Online-Portalen.

Was sind die Vorteile und Herausforderungen für die Firmen?
Jungpensionierte bringen unter anderem viel Lebenserfahrung mit. Dies ist besonders in einer sehr dynamischen und kurzlebigen Welt wichtig. Sie sehen die grösseren Zusammenhänge und lassen sich nicht gleich aus der Ruhe bringen, im Wissen, morgen geht die Sonne wieder auf. Dies hat zum Beispiel in einem Mehrgenerationenumfeld eine ausgleichende Wirkung, auch im beruflichen Kontext. Des Weiteren zeichnen sich Jungpensionierte durch eine hohe Stetigkeit aus; sie fallen statistisch weniger häufig aus (Krankheit, Geburt, Umzug, usw.). Als Herausforderung sehe ich den Paradigmenwechsel, den viele Firmen noch vor sich haben, weg von der fixen Idee, Entwicklung sei nur mit der Generation Z möglich, hin zum Generationenmix.

Vermehrt gibt es Angebote von Jungen, die Führungskräfte und Unternehmen mit Ihrem digitalen Talenten in der Weiterentwicklung coachen. Was sind die Matches mit den Jungpensionierten, die ihr so spontan sehen würdet?
Neulich erzählte mir ein kurz vor der Pension stehender Mann, wie er eine etwas schwierige Arbeitssituation mit einem Telefonanruf entschärfen und lösen konnte. Etwas später zeigte mir eine junge Frau einen Sprach- und Textverlauf über mehrere Bildschirmseiten, wie sie eine ähnlich verkachelte Situation mit ihrer Studienkollegin lösen wollte.

Wenn ich Renterin oder Rentner werde, aber gerne aktiv im Beruf bleiben möchte und meine Gesundheit es zulässt, auf was muss ich achten?
Der grösste Stolperstein sehe ich im Unterbringen aller Erwartungen unter einen Hut in der zur Verfügung stehenden Zeit nach der Pensionierung. Dies muss unbedingt geklärt oder bewusst gemacht werden. Dazu gehören, Freizeitgestaltung, Zeit für das familiäre Umfeld, Zeit für Partnerin und Partner, Zeit für Haus und Garten und sich selbst, usw. Aber dies ist nicht nur für jene eine Herausforderung, weiche weiterarbeiten möchten, sondern generell ein zu klärender Aspekt der Pension.

Was wünscht ihr als Drehpunkt Team euren Junggebliebenen?
Wir wünschen uns einerseits eine stetig wachsende Community Jungpensionierter und andererseits viele Firmen, die den Generationenmix als grossen Chance in ihrer Firmenkultur fördern und so Weiterentwicklung ermöglichen.

Roger Sigg, herzlichen Dank für dieses Gespräch.


Auch in der Stiftung Wendepunkt beschäftigen wir bereits Mitarbeitende, je nach beidseitigem Bedarf und Wunsch, in kleineren Pensen nach der Pensionierung weiter.

«Ich freue mich als glücklich Pensionierter nochmals mit 30% im Wohn-Coaching einsteigen zu dürfen. Es gibt wohl kaum einen Ort in der Stiftung Wendepunkt, wo die beziehungsorientierte ganzheitliche Begleitung so im Vordergrund steht. Und das passt.»

Harald Meder, Fachperson Wohn-Coaching in der Stiftung Wendepunkt

Mehr zum Angebot
60 Plus – Drehpunkt (drehpunktpersonal.ch)

Zur Person
Roger Sigg (55), verheiratet, Vater von drei erwachsenen Kindern. Arbeitet als Geschäftsführer bei der Drehpunkt Personal GmbH und als Job Coach und Modulleiter bei der Stiftung Wendepunkt. In seiner Freizeit spielt er E-Bass in diversen Formationen im Rock, Pop, Blues, Gospel und Country Bereich oder ist auf seinem Bike anzutreffen.


Simone Frei
Leiterin Marketing Kommunikation | Kundenservice